In anderen Kulturen fängt die Gemeinschaft die Trauernden auf
Wenn jemand stirbt, ist es untern Tibetern üblich, dass Verwandte und Freunde sich versammeln, und stets findet jeder die eine oder andere Möglichkeit zu helfen. Die ganze Gemeinschaft gibt starke spirituelle, emotionale und praktische Unterstützung, und die Familie des Verstorbenen bleibt niemals hilflos und verloren zurück und ohne zu wissen, wie es weitergehen soll.
Wie anders sieht es dagegen in der modernen westlichen Gesellschaft aus, wo diese Unterstützung durch die Gemeinschaft fast vollständig verloren gegangen ist.
Eine funktionierende Gemeinschaft kann helfen, die Trauer zu überwinden
Ich denke mir oft, wie sehr eine solche Hilfe dazu beitragen könnte, die Trauer der Hinterbliebenen nicht auch noch übermäßig zu verlängern und zu erschweren, wie es die heutigen Umstände leider meist tun.
Hinterbliebene sind häufig verzweifelt, weil sie nichts mehr tun können
Berater für Hinterbliebene, die in Hospizen arbeiten, berichten, dass eine der schwerwiegendsten Ursachen für die Verzweiflung von Hinterbliebenen der Glaube ist, dass weder sie selbst noch irgendjemand sonst etwas für den geliebten Verstorbenen tun könne. Es gibt jedoch viele Möglichkeiten, noch etwas für den Verstorbenen zu tun.
Wenn jemand stirbt, dürfen wir nicht selbst absterben
Wir dürfen mit dem Tod eines geliebten Menschen nicht selbst schon zur Hälfte absterben. Nach seinem Weggang sollten wir versuchen, besonders bewusst weiterzuleben. Zumindest aber sollten wir versuchen, die Wünsche und Hoffnungen des Verstorbenen so gut wie möglich zu erfüllen, indem wir zum Beispiel etwas von seinem Besitz wohltätigen Zwecken zuführen oder in seinem Namen ein Projekt fördern, das ihm sehr am Herzen gelegen hat.
Geduld, Zeit und Einfühlungsvermögen im Umgang mit Hinterbliebenen
Denjenigen zu helfen, die einen solchen Verlust erlitten haben, erfordert unsere ganze Geduld und all unser Einfühlungsvermögen.
Wir müssen Zeit mit ihnen verbringen und sie reden lassen. Wir müssen still und ohne zu urteilen aufmerksam zuhören, wenn sie ihre intimsten Erinnerungen zur Sprache bringen. Oftmals haben sie das Bedürfnis, immer wieder über die Einzelheiten des Todes reden.
Vor allem müssen wir einfach da sein und ihnen beistehen, wenn sie die wohl tiefste Trauer und den grausamsten Schmerz ihres ganzen Lebens durchleiden. Wir müssen zu jeder Zeit erreichbar sein, selbst wenn es nicht nötig zu sein scheint.
Einfach vorbeikommen, auch wenn der Trauernde es nicht wünscht
Eine Witwe namens Anne, die ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes für eine Videoserie über den Tod interviewt wurde, sagte auf die Fragen, wer ihr in dem vergangenen Jahr denn am meisten geholfen habe: Die Menschen, die immer wieder angerufen haben und vorbei gekommen sind, obwohl ich es nicht wollte.
Menschen, die trauern, erleben selbst eine Art Tod
Und wie jemand, der tatsächlich stirbt, brauchen auch sie die Gewissheit, dass die aufgewühlten Emotionen, die sie erleben, ganz natürlich sind. Sie müssen wissen, dass der Prozess des Trauerns langwierig und oft sehr quälend sein kann und dass die Trauer zyklisch immer wiederkehrt.
Der Schock, die Betäubung und das Nicht-Wahrhaben-Wollen verschwinden
Nach dem Schock folgt schon bald eine verzweifelte Erkenntnis der Schwere des Verlustes. Irgendwann später dann folgt ein Zustand der Erholung, in dem das innere Gleichgewicht wiedergefunden wird.
Irgendwann hört die Trauer ganz bestimmt auf – das steht fest
Wir sollten den Hinterbliebenen klar machen, dass sich dieses Muster über Monate wiederholen wird und dass all ihre Ängste, als Mensch nicht mehr funktionsfähig zu sein, ganz normal sind.
Wir können ihnen versichern, dass ihre Trauer ganz bestimmt aufhören und sich in Akzeptieren verwandeln wird, selbst wenn es ein oder sogar zwei Jahre dauern mag.
Judy Tatelbaum sagt:
Trauer ist eine Wunde, die der Zuwendung bedarf, um heilen zu können. Die Trauer zu durchleben und abzuschließen bedeutet, sich den Gefühlen offen und ehrlich zu stellen, ihnen voll und ganz Ausdruck zu geben, sie unverkrampft herauszulassen und zu akzeptieren, und zwar so lange, bis unsere Wunden verheilen. Wir fürchten, dass die Trauer uns überwältigen wird, sobald wir sie akzeptieren. In Wahrheit aber löst sich Trauer, wenn sie zugelassen und durchlebt wird, auf. Trauer, die keinen Ausdruck finden darf, hält hingegen sehr lange an.